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HandwerkerstipendiumGo Israel: handfeste Auslandserfahrung

Iserlohn – Düsseldorf – Istanbul – Tel Aviv und willkommen in einer anderen Welt. So oder so ähnlich hat es Jonas Renfordt erlebt. Denn nachdem der junge Maler und Lackierer im Herbst 2022 seinen Meister im bbz Arnsberg gemacht hatte, ging es für ihn auf große Reise. Vom 26. Oktober bis zum 7. Dezember 2022 lebte der Handwerker aus Südwestfalen seinen Traum in Israel.

 

Der Blick über den Tellerrand

Abi, Studium, Umorientierung, Ausbildung, verkürzte Lehre, Gesellenbrief, Berufserfahrung, Meistertitel – Jonas Renfordt hat seinen beruflichen Weg gefunden. Mit einem Handwerkspraktikum im Ausland wollte der Maler- und Lackierermeister seiner Karriere einen weiteren Schub verpassen. Das Programm "Go Israel", welches jungen Führungskräften im Handwerk Kontakte zu innovativen israelischen Betrieben vermittelt, hörte sich für Jonas daher "wie maßgeschneidert" an.

"Die Entscheidung nach Tel Aviv zu gehen, war für mich ganz einfach." Zum einen wollte der interessierte Handwerker Erfahrungen für den persönlichen Werdegang sammeln: "Um aus der eigenen Komfortzone herauszukommen und um mal ganz auf mich alleine gestellt zu sein – in einem völlig fremden Land." Zum anderen gab es da diesen beruflichen Reiz: "Um mal zu sehen, wie andere Länder arbeiten, neue Techniken zu lernen und um weiteres Fachwissen zu generieren."

Nicht verwunderlich also, dass die Online-Bewerbung rasch abgeschickt war.

 

"Go Israel" – der Name ist Programm

Der Bewerbungsprozess für das noch frische Programm lief über die Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks (LGH). Gefördert wird das Programm vom Israel-Büro des Landes NRW. Die Deutsch-Israelische Industrie- und Handelskammer (AHK Israel) half bei der Vermittlung geeigneter Praktikumsbetriebe. "Sie haben nach den Interessen gefragt und einen passenden Gastvater herausgesucht", erinnert sich Jonas. Zum Schluss standen für den 25-Jährigen vier oder fünf Betriebe zur Auswahl. Dass der offene Iserlohner bei dem Restaurator Shay Farkash gelandet ist, war rückblickend ein absoluter Glücksgriff.

Auch vor Ort in Israel hat ihm die AHK bei Problemen geholfen sowie Ausflüge und Veranstaltungen organisiert. Zum Start gab es beispielsweise einen zweiseitigen Welcome-Guide und auch sonst waren die Ansprechpersonen "Tag und Nacht erreichbar."

Dank Jonas‘ Englischkenntnissen und einer großen Portion Offenheit hat der junge Südwestfale aber auch so schnell Anschluss gefunden. In Tel Aviv lernte Jonas zwei andere Handwerker aus NRW kennen, die ebenfalls am Programm "Go Israel" teilnahmen: Mit der Augenoptikerin und dem Steinmetz schloss er schnell Freundschaft. Auch der Kontakt zu Teilnehmern des Programms "New Kibbutz" des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), über das Studierende aus Deutschland Praktika in israelischen Start-ups absolvieren können, ergab sich schnell. "Man kennt sich oder lernt sich kennen, was in Israel zwischen den einzelnen Programmen sehr gut funktioniert."

 

"Einen ganz normalen Tag gab es nicht"

Die sechs Wochen lebte Jonas in einem Appartement in Tel Aviv, ziemlich zentral, direkt am Rothschild-Boulevard. Gearbeitet hat er auf größeren Baustellen in der (näheren) Umgebung sowie in dem Studio von Shay Farkash in Lod. "Die meisten Häuser waren gerade fertig. Wir haben den Finishing-Touch gemacht. Oder wir haben richtig heruntergekommene Häuser, die kurz vor dem Einsturz standen, wieder auf Vordermann gebracht. Im Studio konnten wir all die Arbeiten erledigen, die man nicht unbedingt auf der Baustelle erledigen musste."

"Jeder Tag war ein Überraschungspaket", resümiert der frischgebackene Maler- und Lackierermeister rückblickend. Dass Shay Farkash Restaurator ist, ermöglichte Jonas vielfältige Einblicke. Eine besonders einprägsame Erfahrung war das Freilegen einer seiner ersten Bordüren. Nachdem der junge Handwerker die oberflächigen Putzschichten vorsichtig mit einem kleinen Hammer abgeklopft hatte, zeigte sich ein altes, schabloniertes Schauspiel, welches noch dazu in guter Verfassung war. "Das war ein Wow-Moment." Ein weiteres Highlight ergab sich während der Arbeit an einem Standgemälde im Universitätsgebäude: "Wir mussten ständig die Farben nachmischen, weil sich der Hintergrundton alle 3-4 cm geändert hatte. Man musste spachteln, schleifen, die ganzen Risse ausbessern und künstlerisch tätig werden. Mit dem Wissen um das Alter und die Bedeutung des Gemäldes war das eine ganz besondere Herausforderung."

Eines der Ziele von "Go Israel" ist es, den israelischen Innovationsgeist mit nach Deutschland zu nehmen, ein Anliegen, welches auch Jonas zukünftig umsetzen möchte. So könnte sich der Maler- und Lackierermeister nun sogar eine Weiterbildung in dem Bereich "Restaurierung" vorstellen: "Die große Wertschätzung des Objektes und der Materialien sowie die Liebe zum Detail waren sehr beeindruckend." Auf der anderen Seite konnte Jonas auch sein Fachwissen weitergeben, welches er während seiner Ausbildung und Meisterschule in Deutschland erworben hatte – eine wahre Win-win-Situation also.

 

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

Wer glaubt, dass Freizeit und Sightseeing zu kurz kamen, der irrt. So wurde Jonas von seinem Gastvater zum Beispiel ins Museum oder Theater mitgenommen. "Es war nicht nur jeden Morgen aufstehen und Baustelle, sondern es war wirklich sehr, sehr abwechslungsreich."

Auch die AHK sorgte für Programm: So besuchte "Go Israel" zusammen mit "New Kibbutz" das Peres Center for Peace and Innovation. Im Anschluss gab es eine kulinarische Reise durch Jaffa mit typisch israelischen Gerichten.

Neue Freunde fand der 25-Jährige unter anderem in den beiden anderen Teilnehmern von "Go Israel" sowie in einigen Teilnehmern des Programms "New Kibbutz". Mit ihnen besuchte Jonas Jerusalem und sah das Tote Meer sowie Masada.

Insgesamt habe Jonas sich in Tel Aviv immer total willkommen gefühlt: "Man wird einfach so von Leuten auf der Straße angequatscht, weil demjenigen zum Beispiel dein Shirt oder so gefällt." Nicht selten ergab sich aus solchen Gesprächen eine Einladung: "Man wird einfach so mitgenommen. Die Israelis sind sehr lebensliebend. Die geben dir alles, die zahlen dauernd dein Essen. Du kannst dich gar nicht dagegen wehren. Du willst was zurückgeben, das lassen sie aber gar nicht zu."

 

"Ich werde definitiv wiederkommen"

Schon bald hieß es: Tel Aviv – Istanbul – Düsseldorf – Iserlohn. Aber eine Sache ist sicher: Nach Israel kommt Jonas ganz bestimmt wieder: "Ich muss nochmal dahin, weil es einfach so viel Input war und ich auch die Leute wiedertreffen möchte, die mir vor Ort geholfen haben. Außerdem gibt es noch so vieles, was ich sehen möchte."

Ob Jonas eine solche Reise auch anderen empfehlen würde? Klar! Denn neben den beruflichen Fortschritten hat der junge Handwerker enorm viel für seine Persönlichkeitsentwicklung mitgenommen und das will er nicht mehr missen. Rückblickend würde er auch immer mit "Go Israel" reisen, weil man einen Stipendiumsbetrag bekommt und Verbindungen. "Jeder Tag war einfach interessant und vor allem einzigartig."

 

Das Land NRW finanziert zehn Handwerkerstipendien "Go Israel" mit dem Ziel, jungen Führungskräften im Handwerk zu ermöglichen, innovative israelische Unternehmen kennenzulernen und sich über Innovation, Arbeitsweise und Perspektiven auszutauschen. Weitere Informationen finden sich unter https://www.handwerk-international.net/stipendium-go-israel.



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